„Bruderschafft Zum Schotten“. Die barocken Bruderschaften an der Schottenkirche

Archiv des Schottenstifts 2018-03-10

Derzeit widmet sich eine kleine Themenschau mit Objekten aus dem Stiftsarchiv den barocken Bruderschaften, die an der Schottenkirche beheimatet waren.1 Den Anlass bot die jüngst erfolgte Erschließung der Unterlagen der Bruderschaften entsprechend der Archivtektonik.

An vielen Kirchen entstanden zunächst im Spätmittelalter und dann vor allem in der Barockzeit solche religiösen Konfraternitäten, deren Mitglieder – Männer und Frauen – sich nicht nur zum Totengedächtnis und zu gemeinsamen Gebets- und Andachtsübungen verpflichteten, sondern sich darüber hinaus oft auch sozial-karitativen Funktionen wie etwa der Krankenpflege oder der Totenbestattung verschrieben. Diese Vereine mit Rechtspersönlichkeit und eigenem Vermögen waren meist nach einem Heiligen oder einem Glaubensgeheimnis benannt und bestifteten dafür einen bestimmten Altar in ihrer Kirche, der als Bruderschaftsaltar diente. Ihre Einnahmen bestanden aus den jährlichen Mitgliedsbeiträgen, Kollekten zu diversen Anlässen sowie aus Stiftungen und Legaten.

Die älteste in der Neuzeit bestehende Bruderschaft an der Schottenkirche war die 1471 von Abt Matthias Fink gegründete Sebastiani-Bruderschaft. Eine wichtige karitative Aufgabe dieser Konfraternität war die Ausgabe von Brot, Mehl und Wein an Bedürftige am Gedenktag des Bruderschaftspatrons, des hl. Sebastian, am 20. Jänner („Sebastianispende“).

StiA 05.Pfarr Scho 6/01.01. Statuten der Sebastiani-Bruderschaft (1471).StiA 05.Pfarr Scho 6/01.01 Statuten der Sebastiani-Bruderschaft (1471).

Das Zeitalter der Gegenreformation bewirkte für die Bruderschaften allerorts einen Aufschwung. In einem Sammelbuch der Sebastiani-Bruderschaft finden sich unter den Spendern Angehörige des Hochadels, des Hofes und der Wiener Bürgerschaft. Sogar Kaiser Ferdinand II. zählte zu den Wohltätern der Konfraternität.

StiA 05.Pfarr Scho 6/01.05. Sammelbuch der Sebastiani-Bruderschaft (1619–1621).StiA 05.Pfarr Scho 6/01.05 Sammelbuch der Sebastiani-Bruderschaft (1619–1621).

Im Jahr 1616 erhielt die Sebastiani-Bruderschaft neue Statuten. Einen Auszug davon zum eigenen Gebrauch der einzelnen Mitglieder boten gedruckte Bruderschaftsbüchlein, in denen die den Mitgliedern auferlegten religiösen und karitativen Verpflichtungen zusammengefasst waren.  

StiA 05.Pfarr Scho 6/01.12. Bruderschaftsbuch der Sebastiani-Bruderschaft (nach 1679).StiA 05.Pfarr Scho 6/01.12 Bruderschaftsbuch der Sebastiani-Bruderschaft (nach 1679).

Der Sebastiani-Bruderschaft gelang es, eine Reihe von Reliquien ihres Patrons anzusammeln. So übersandte etwa 1677 der Konvent der Augustiner-Eremiten in Köln auf Vermittlung des Prager Weihbischofs Otto Reinhold von Andrimont einen Stockzahn des heiligen Sebastian. Die Reliquien des Bruderschaftspatrons wurden den Gläubigen jährlich zum Kuss gereicht.

StiA 05.Pfarr Scho 6/01.08.04. Schenkung einer Stockzahnreliquie des hl. Sebastian (1677).StiA 05.Pfarr Scho 6/01.08.04 Schenkung einer Stockzahnreliquie des hl. Sebastian (1677).

In der Barockzeit kam es zur Gründung weiterer Konfraternitäten, unter denen die Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende und die Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä die bedeutendsten waren.

Die Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende wurde 1632 zur Förderung der Schottenmadonna gegründet, jener Marienstatue aus dem 13. Jahrhundert, die heute in der Romanischen Kapelle der Schottenkirche steht. Schwerpunkt dieser Konfraternität  waren Prozessionen und Wallfahrten.

Anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens erschien im Jahr 1732 eine Festschrift, die mehrere Festpredigten sowie eine Beschreibung des Ablaufs der Feierlichkeiten enthält.

StiA 05.Pfarr Scho 6/03.07. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (1732).StiA 05.Pfarr Scho 6/03.07 Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (1732).

Dieser Bittgesang wurde von den Mitgliedern der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende rund um das Patronatsfest der Konfraternität, Mariä Himmelfahrt (15. August), gesungen.

StiA 05.Pfarr Scho 6/03.13. Bittgesang der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (18. Jh.).StiA 05.Pfarr Scho 6/03.13 Bittgesang der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (18. Jh.).

Die Vorsteher und Offizianten der Bruderschaften wurden regelmäßig neu gewählt. Diese Funktionsträger waren meist angesehene Wiener Bürger.

StiA 05.Pfarr Scho 6/03.12. Funktionsträgerliste der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (1747).StiA 05.Pfarr Scho 6/03.12 Funktionsträgerliste der Bruderschaft Mariä um ein glückseliges Ende (1747).

Die 1707 von Abt Karl Fetzer mitbegründete Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä hatte einen karitativen Schwerpunkt und bildete eine Art Krankenkasse für ihre Mitglieder.

StiA 05.Pfarr Scho 6/06.01. Gründungsvertrag der Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä (1707).StiA 05.Pfarr Scho 6/06.01 Gründungsvertrag der Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä (1707).

Neben ihren eigentlichen Mitgliedern (sogenannte Hilfsmitbrüder und Supernumerarii) gehörten der Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä auch zahlreiche Guttäterinnen und Guttäter an. Zu diesen zählten unter anderem auch Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Joseph II.

StiA 05.Pfarr Scho 6/06.07. Mitgliederkatalog der Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä (1770).StiA 05.Pfarr Scho 6/06.07 Mitgliederkatalog der Bruderschaft von den sieben Schmerzen Mariä (1770).

Weitere Konfraternitäten an der Schottenkirche von geringerer Bedeutung (und meist auch Dauer) waren die Bruderschaft vom hl. Benedikt um ein glückseliges Ende, die Fronleichnams­bruderschaft, die Bruderschaft von der Heimsuchung Mariä sowie die Dreifaltigkeitsbruderschaft.

Kaiser Joseph II. hob 1783 alle Bruderschaften auf und legte ihre Vermögen zum Zweck der Unterstützung der Armen zu einer Einheitsbruderschaft zusammen.

Zu eben diesem Zweck wurde etwa auch 1784 ein Inventar der Sebastiani-Bruderschaft angelegt. Unter der am unteren Seitenende zu findenden Überschrift „an Pretiosen“ wird „ein kleine silberne Statuen des heil. Sebastian, mit oben gefaßter Corallen“ angeführt; dabei handelt es sich um jene Vitrine mit Silberstatuette des hl. Sebastian, die im Museum im Schottenstift in Raum 2 („Bildertausch-Raum“) ausgestellt ist. Sie ging damals in das Eigentum des Klosters über.

StiA 05.Pfarr Scho 6/01.10.04. Inventar der Sebastiani-Bruderschaft (1784).StiA 05.Pfarr Scho 6/01.10.04 Inventar der Sebastiani-Bruderschaft (1784).

Die Themenschau „Bruderschafft Zum Schotten. Die barocken Bruderschaften an der Schottenkirche“ kann von Ende Februar bis Anfang Juli 2018 im Museum im Schottenstift besichtigt werden. Der Zugang erfolgt über den Klosterladen (Freyung 6, 1010 Wien).

  1. Zur Geschichte dieser Bruderschaften: Albert Hübl, Die Bruderschaften an der Schottenkirche in Wien, in: Berichte und Mitteilungen des Alterthums-Vereines zu Wien 50 (1918) 1–21.