Konf: Nach Rom gehen – monastische Reisekultur im Mittelalter – St. Gallen und Einsiedeln 09/14
Ordensgeschichte 2014-07-16
Stiftsarchiv St. Gallen; Historisches Institut, Universität Bern; Repertorium Academicum Germanicum, Universität Bern Datum: 3.-6.9.2014 Ort: St. Gallen und Einsiedeln, Kloster Einsiedeln Deadline: 15.08.2014
Seit den Anfängen des Mönchtums im Orient sind ihre Vertreter unterwegs. Im Laufe der Jahrhunderte formte sich ein Erfahrungsschatz, der sie vor allem für den Weg über die Alpen zu den wohl erfahrensten Reisenden überhaupt machte. So überlebten teilweise nördlich der Alpen Texte und Itinerare, die für die Geschichte Italiens und im Besonderen Roms von unschätzbarem Wert sind.
Den Wissenstand über das frühmittelalterliche Rom in einem nordalpinen Kloster vermittelt in einzigartiger Form Codex 326 der Stiftsbibliothek Einsiedeln. Mit der darin enthaltenen Inschriftensammlung und vor allem den Wegbeschreibungen erschließt sich dem Leser die Stadt Rom im 8./9. Jahrhundert mit ihren antiken Profan- und Sakralbauten. Sie gilt als das erste systematische Inventar einer Stadtbebauung, das aus nachantiker Zeit überliefert ist. Aufgrund ihres klösterlichen Überlieferungskontextes und Inhalts steht diese Handschrift auch im Mittelpunkt des Kolloquiums.
Für Mönche aus dem Norden galt Italien lange Zeit als Ort, an dem das Mönchtum einen besonderen Ruf der Authentizität und der romanitas genoss. Dieses Bild des Südens als Quelle der Authentizität war im angelsächsischen Bereich besonders stark. Die Wahrheit musste in Rom und in der monastischen Landschaft Italiens gesucht werden, die mit Columban und dem “römischen Abt” Benedikt verbunden war. Im 8. Jahrhundert war das Klosterwesen in Italien offenbar so weit gediehen, dass sich auch Mönche aus dem Norden ihre Anregungen im langobardischen Italien holten. Besonders Montecassino bildete nach seiner Wiedererrichtung die bedeutendste Quelle monastischen Denkens.
Auch im Hoch- und Spätmittelalter behielten monastische Reisen nach Rom oder allgemein nach Italien ihre kulturelle Transferfunktion. Besonders eindrücklich sind die Reisen des friesischen Abtes Emo von Groningen oder des Abtes Rudolf von Saint-Trond dokumentiert, in denen etwa auch auf die Beschwerlichkeit des Reisens eingegangen wird. Einen neuen Aufschwung erlangten Italienreisen mit dem Aufblühen der Universitäten nördlich der Alpen: Gerade von der Pariser Sorbonne reisten immer wieder geistliche Gelehrte nach Italien, wobei damit auch ein Transfer von Wissen und Büchern in beide Richtungen einherging. Im Zuge der allgemein gestiegenen Reisetätigkeit im 15. Jahrhundert kam es schliesslich auch zu einer massiven Zunahme von Romreisenden, Pilgern ebenso wie Personen in kirchlich-diplomatischer Mission. Diese Reisenden sind sowohl durch Reiseberichte als auch durch deren Eingaben an der päpstlichen Kurie rekonstruierbar, wobei auch quantitative Schätzungen zu den Romreisen von Mönchen aus Mittel- und Westeuropa möglich werden.
Vedi Napoli e poi muori – Grand Tour der Mönche
Vom 4. September bis 30. November 2014 wird im Stiftsbezirk St.Gallen, 2015 in der Stiftsbibliothek Einsiedeln und vom 11. Februar bis 18. April 2016 im DomQuartier Salzburg die Ausstellung “Vedi Napoli e poi muori – Grand Tour der Mönche” präsentiert.
Anmeldungen
Um Anmeldung bis zum 15. August wird gebeten. Die Einschreibegebühr von CHF 30.- (CHF 20.- für Studierende) umfasst Kaffeepausen und Tagungsunterlagen. Diese Kosten sind bei der Ankunft im Tagungsbüro im Kloster Einsiedeln zu bezahlen.
Programm
Mittwoch, 3. September 2014
Pfalzkeller des Regierungsgebäudes, St.Gallen
17.00 Ausstellungseröffnung durch Martin Klöti, Mitglied der Regierung des Kantons St.Gallen Präsentation des Ausstellungskataloges
Eröffnungsvortrag: Abtprimas Notker Wolf, Rom Die Reisekunst der Benediktiner
Anschliessend Umtrunk und Transfer nach Einsiedeln
Donnerstag, 4. September 2014
Kloster Einsiedeln, Grosser Saal
9.00 Begrüssung durch Peter Erhart und Christian Rohr
Transalpine Beziehungen Moderation: Sebastian Scholz, Zürich
9.15 Elena Gritti, Verona 488: dal Norico alla Campania accompagnando le spoglie di San Severino. Una peregrinatio devota verso una terra promessa?
9.45 Christian Rohr, Bern Naturwahrnehmung in monastischen Reiseberichten des Mittelalters
10.30 Kaffeepause
11.00 Peter Erhart, St.Gallen Pilgerfahrt nach Rom im Schatten des Klosters
11.30 Matthew B. Gillis, Knoxville, TN Headless and on the Road: Troublesome Monks in the Carolingian Era
12.15 Mittagspause
Moderation: Gerald Schwedler, Zürich
13.45 Flavia de Rubeis, Venedig/Rom Le Inscriptiones urbis Romae nel Codex Einsidlensis 326
14.15 Riccardo Santangeli Valenzani, Rom L’Itinerarium urbis Romae nel Codex Einsidlensis 326
15.00 Kaffeepause
15.30 Eleonora Destefanis, Vercelli Monaci, monasteri e strutture di ospitalità nell’Italia altomedievale
16.00 Federico Marazzi, Neapel Viaggi e pellegrinaggi monastici a Roma e Montecassino fra VIII e IX secolo
17.00 Besuch der Stiftsbibliothek/Stiftung Bibliothek Werner Oechslin
Freitag, 5. September 2014
Kloster Einsiedeln, Grosser Saal
Überlieferungsformen von Reisekultur
Moderation: Suse Andresen, Bern
8.30 Alfons Zettler, Dortmund Kulturelle Beziehungen zwischen der Reichenau und Italien
9.00 Francesco Lo Monaco, Bergamo De Italia adduxit – Bücher zwischen Italien und Alemannien im frühen Mittelalter
9.30 Uwe Ludwig, Duisburg-Essen Die Gedenkbücher als Quelle für Reisen
10.15 Kaffeepause
10.45 Francesco Veronese, Padua Vescovi (e monaci?) come traslatori di reliquie tra la Venetia e Reichenau, IX-X secolo
11.15 Hannes Steiner, Frauenfeld Sarazenen kidnappen den Abt von Cluny: Eine unschöne Reisebegegnung mit Lerneffekten
11.45 Gian Carlo Alessio, Venedig Viaggi transalpini nei ‘Casus sancti Galli’
12.30 Mittagspause
Moderation: Cornel Dora, St.Gallen
14.00 Nine Miedema, Saarbrücken Mirabilia urbis Romae und Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae
14.30 Dick de Boer, Groningen/Leiderdorp Die Romfahrt des Emo von Bloemhof, 1211-1212
15.15 Kaffeepause
15.45 Philipp Lenz, St.Gallen Der St.Galler Fürstabt Ulrich Rösch 1463 in Rom
16.15 Andreas Rehberg, Rom Der St. Galler Mönch Johannes Bischoff aus Wil in Italien
16.45 Milena Svec Goetschi, Zürich Aus dem Kloster, in die Welt. Die Bittschriften entlaufener Mönche an den Papst
Samstag, 6. September 2014
Kloster Einsiedeln, Grosser Saal
Studium in Italien
Moderation: Rainer C. Schwinges, Bern
9.00 Thomas Sullivan, Conception Abbey, Missouri Parisian Theologians and the University of Bologna in 1365
9.30 Beat Immenhauser, Bern Der Universitätsbesuch der Ordenskleriker im Süden des Alten Reiches im späten Mittelalter
10.15 Kaffeepause
10.45 Christian Rohr / Rainer C. Schwinges, Bern Zusammenfassung und Schlussdiskussion
11.30 Transfer nach Rapperswil
12.00 Mittagspause
13.30 Exkursion auf die Insel Ufenau
16.00 Ende der Tagung
———————————————————————— Christian Rohr
Historisches Institut, Universität Bern Länggassstrasse 49, CH-3012 Bern +41 31 631 8558
christian.rohr_AT_hist.unibe.ch
Website zur Konferenz “Nach Rom gehen”: http://www.sg.ch/home/kultur/stiftsarchiv/aktuell/tagung–nach-rom-gehen-.html
Der Beitrag bei H-Soz-u-Kult: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=25437