DFG-Projekt „Making mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt“ (2018-2021)

Ordensgeschichte 2018-08-02

Das Mittelalter kennt noch keine Verwendung des Begriffs ‚Mystik‘ als historiographische Kategorie. Eine Geschichte der Mystik steht daher vor der Frage, wie die Anfänge einer solchen Kategorienbildung aussehen. Ein herausragendes Paradigma für eine solche Untersuchung stellt die Bibliothek der Erfurter Kartause dar. Der Erfurter Bibliothekskatalog besitzt zwei Signaturengruppen mit den Buchstaben D und J, die nach modernem Sprachgebrauch ‚mystische Literatur‘ umfassen: Die Signaturengruppe D versammelt lateinische und deutsche Texte zur „theologia mystica“, während J „revelationes“ ebenfalls auf Latein und Deutsch umfasst. D und J stellen gemeinsam mit den Signaturengruppen DF, E und F, die die Signaturenklasse DEF bilden, die Basis für das vorliegende Projekt dar, das anhand historisch bezeugter Bibliotheksbestände und der sie bestimmenden diskursiven Ordnungen der Frage nachgeht, wie sich die historiographische Ordnungs- und Beschreibungskategorie ‚Mystik‘ historisieren lässt. Ziele des zusammen mit Dr. Antje Kellersohn (UB Freiburg) in Angriff genommenen DFG-Projekts sind die virtuelle Rekonstruktion, die digitale genetische Edition und eine umfassende philologische Erforschung der Signaturengruppen D und J, in die auch die Signaturenklasse DEF einbezogen wird, um die Konstruktion einer Sammlung ‚mystischer Bücher‘ in der Kartause Erfurt nachvollziehen und das Profil dieser Sammlung literatur-, bibliotheks-, philosophie- und theologiegeschichtlich konturieren zu können. Zur Umsetzung dieses Programms sind in Kooperation mit der UB Freiburg folgende Arbeitsschritte geplant: (1) digitale Präsentation des Bibliothekskatalogs der Erfurter Kartause, digitale genetische Edition der Signaturen D, DF, E, F (= DEF) und J sowie virtuelle Rekonstruktion der der „theologia mystica“ bzw. den „revelationes“ gewidmeten Signaturengruppen D und J auf Basis des zu entwickelnden und zu implementierenden „Making Mysticism Portals“ mit einer fachspezifischen, webbasierten kollaborativen Arbeitsumgebung und (2) Historisierung und ideengeschichtliche Verortung des Mystikbegriffs bzw. Beschreibung des ‚Making mysticism‘ anhand jener Teile des Erfurter Bibliothekskatalogs, die durch die digitale genetische Edition erschlossen sind. Das Projekt endet mit einer Tagung, die aufgrund des im Projekt erarbeiteten und digital verfügbar gemachten Materials das Profil der Erfurter Kartäuserbibliothek, ihres Katalogs und ihrer Wissensordnungen im Kontext der (europäischen) kartäusischen Klosterkultur des Spätmittelalters insgesamt zum Thema macht und darüber hinaus den Arbeitsbereich ‚Historische Sammlungen und Digital Humanities‘ bedient. Zum Projekt siehe vorerst https://portal.uni-freiburg.de/germanistische-mediaevistik/bilderdateiennemes/posterbibliothekerfurt (Poster anlässlich der Internationalen Tagung der HandschriftenbearbeiterInnen, Basel, 11.-13. April 2018)