Stefan Benz: Geschichtsschreibung der Regensburger Klöster und Stifte nach dem Dreißigjährigen Krieg

Frobenius Forster 2013-10-30

Geschichte und Geschichtsschreibung um Regensburger Klöster und Stifte nach dem 30jährigen Krieg – Zum Wandel von Öffentlichkeiten für Geschichte. Abstract des Vortrags von Stefan Benz (Bayreuth) bei der Tagung “Netzwerke gelehrter Mönche. St. Emmeram im Zeitalter der Aufklärung”, Regensburg, 21./22. September 2012

Mit der endgültigen Verlagerung des Kaisersitzes nach Wien, auch ein Ergebnis der Kaiserwahl Leopolds (I.), gewann Regensburg, gewissermaßen Vorposten Wiens im „Reich“ und Begegnungsstätte zwischen Reichsoberhaupt und Ständen, als europäische Diplomatendrehscheibe eine ganz neue zentrale Funktion, hatten doch Schweden und Frankreich die Garantie des Westfälischen Friedens übernommen. Im Gefolge der Diplomaten fanden sich Gelehrte und halfen auch in Regensburg das zu begründen, was seit jeher als Res publica litteraria bezeichnet wird: Das Netzwerk europäischer Gelehrter, selbstlos und ohne auf den Stand zu sehen, der Wissenschaft ergeben –  so jedenfalls die Selbstbeschreibung.

In diesem Zusammenhang gehört zu den klassischen Topoi der Wissenschaftsgeschichte der Historie deren Mitbegründung durch die benediktinische Kongregation der Mauriner mit Sitz in Saint Germain des Prés in Paris, das gelehrte Kloster schlechthin, dessen wichtigster Historiker Jean Mabillon ist. Wissenschaft und Ordensgeschichte scheinen miteinander unauflösbar verknüpft.

Als Ausgangspunkt für eine Untersuchung monastischer Historiographie in Regensburg kann die Bestandsaufnahme dienen, die Eberhard Wassenberg, ein Weltlicher, im Auftrag des Fürstbischofs Franz Wilhelm von Wartenberg (reg. 1649-1661) angefertigt hat. Für dieses Projekt zeigten sich die Mendikantenorden besonders aufgeschlossen, während das Reichsstift St. Emmeram noch keine besonders hervorgehobene Würdigung erfährt. Dies mag man auf die großen Sammlungsprojekte zurückführen, die gerade die Franziskaner initiiert hatten. Besonders aufschlussreich ist die Darstellung und vor allem Selbstdarstellung der Frauenklöster der Stadt als Ausdruck eines lebendigen kulturellen Gedächtnisses.

Nach Wassenberg, dessen Arbeit folgenlos bleibt, lässt sich eine erste Publikationsphase mit Drucken beobachten, die auch die Reichsstifte Obermünster und Niedermünster betreffen. Deren historiographisches Engagement ist auch im Kontext der reichsweiten Tätigkeit von Kanonissenstiftern zu untersuchen, bevor St. Emmeram selbst zusammenfassend gewürdigt werden kann. In dieser Überschau über etwa 60 Jahre wird erst verständlich, wodurch im Rückblick St. Emmeram seinen Ruf als Ort von Geschichtsforschung erhielt – begründet nämlich weniger durch Geschichtsschreibung als durch die Lieferung von Quellen an Dritte.

Übersicht

  1. Keine Historiomachie
  2. Eberhard Wassenberg und die Bestandsaufnahme monastischer Geschichtsarbeit
  3. St. Emmerams deutsche Geschichtsschreibung
  4. Dominikanerinnen und Klarissen
  5. Nieder- und Obermünster
  6. Fazit

Dr. Stefan Benz

Dr. Stefan Benz lehrt an der Universität Bayreuth Geschichtsdidaktik und Theorie der Geschichte. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Historiographiegeschichte und in der Geschichte der Geschichtskultur.

Link zum Publikationsverzeichnis von Dr. Stefan Benz

 

Projekt

Im Moment bereitet er einen Überblick zur Geschichtskultur der mitteleuropäischen Frauenklöster zwischen 1500 und 1800 vor. Diese Zusammenstellung wird zugleich einen Überblick über sämtliche Frauenklöster zwischen Flandern und Mähren liefern, die in der frühen Neuzeit längere Zeit bestanden haben, und alle Orden umfassen, die potenziell die Klausur für ihre weiblichen Konvente vorsahen, insgesamt rund 1200 Niederlassungen. Ferner wird die Verzeichnung diejenigen mittelalterlichen Häuser katalogisieren, die zumindest spätmittelalterlich in der Geschichtskultur hervorgetreten sind. (Link zum Projekt “Geschichtskultur mitteleuropäischer Frauenklöster”)