Das „Speculum ecclesiae“ des Honorius Augustodunensis, abgeschrieben 1415

Archiv des Schottenstifts 2015-07-01

Die hier zu sehende Abbildung stammt aus Cod. 260 (Hübl 265) des Schottenstifts, einer Sammelhandschrift mit theologischen Texten, und zeigt das letzte Blatt (fol. 156v) des darin enthaltenen „Speculum ecclesiae“ des Honorius Augustodunensis. Das Explicit gibt an, wann der Schreiber mit der Abschrift des Textes fertig wurde: Anno domini M°CCCC°XV° finitum in vigilia trinitatis. Der Vorabend des Dreifaltigkeitssonntags war im Jahr 1415 der 25. Mai, heuer wäre es der 30. Mai – der Text wurde also vor genau 600 Jahren abgeschlossen!    

Cod. 260 (Hübl 265), fol. 156vCod. 260 (Hübl 265), fol. 156v

Beim „Speculum ecclesiae“ („Spiegel der Kirche“) handelt es sich um eine zwischen 1100 und 1110 in England entstandene Predigtsammlung. Sein Autor, der Benediktiner Honorius, stammte vermutlich aus Irland, dürfte Schüler des Anselm von Canterbury gewesen sein und trat anschließend in Deutschland für die Gregorianische Kirchenreform auf. Ob er tatsächlich einen Bezug zum burgundischen Autun hatte, wie sein Beiname früher ausgelegt wurde, ist heute in der Forschung umstritten. Jedenfalls verbrachte er seinen Lebensabend als Inkluse im Regensburger Schottenkloster Weih-St. Peter, wo er um 1150 verstarb (also kurz bevor von St. Jakob in Regensburg aus das Wiener Schottenstift 1155 besiedelt wurde).