750 Jahre Schottenpfarre (I): Ein Schiedsspruch

Archiv des Schottenstifts 2016-02-27

Von 2015 bis 2019 begeht die Stiftspfarre „Unsere Liebe Frau zu den Schotten“, kurz Schottenpfarre genannt, ihr 750jähriges Jubiläum. Anlass sind zwei wichtige Ereignisse:

Am 28. August 1265 fällten die päpstlich subdelegierten Richter Propst Arnold von Brünn und Dechant Dietrich von Melk in der Streitsache zwischen dem Schottenstift unter Abt Philipp I. und dem Wiener Pfarrer Gerhard von Siebenbürgen einen Schiedsspruch: Die Schotten erhielten für die Schottenkirche wie auch für die Kirche Laab im Walde fast volle Pfarrrechte inklusive der Rechte auf Sakramentenspendung, Predigt und Zehent, aber ohne jenes auf Erwachsenentaufe und mit Beschränkungen des Begräbnisrechts. Zudem wurden ihnen eingeschränkte Pfarrrechte für ihre Wiener Kapellen Maria am Gestade, St. Peter, St. Ruprecht und St. Pankraz zugesprochen, wo sie kein Tauf- oder Begräbnisrecht haben sollten.    

Zwei Urkunden wurden hierüber ausgestellt, nämlich ein Gerichtsbrief, der die Verhandlungen dokumentierte, sowie der eigentliche Schiedsspruch. Beide Urkunden werden im Stiftsarchiv aufbewahrt.

Urk 1265-08-28.1Urk 1265-08-28.1 Schiedsspruch über die Pfarrrechte (28. August 1265)

Die Entscheidung wurde vom Wiener Pfarrer zunächst nicht akzeptiert, weshalb es kurzfristig sogar zu einer gewaltsamen Eskalation des Streits kam. Doch am 13. Juli 1269 konnte schließlich doch noch eine Einigung zwischen Pfarrer Gerhard und dem Schottenstift unter Abt Johannes I. auf ein neues bischöfliches Schiedsgericht erzielt werden. Für den weiteren Verlauf der Geschehnisse sind leider keine Quellen vorhanden, doch wird von einer baldigen endgültigen, von beiden Seiten akzeptierten Entscheidung, die das Pfarrrecht im geschlossenen Gebiet zwischen Tiefem Graben, Alsbach und Donau (später sogar noch erweitert) betraf, ausgegangen. Allgemein und offiziell spricht man ab 1269 von einem uneingeschränkten vollen Pfarrrecht des Schottenstifts.1

Um das Pfarrjubiläum auch hier im Blog gebührend zu begehen, werden wir in nächster Zeit auch noch einige andere Aspekte der Pfarrwerdung, wie etwa die Vorgeschichte zum Pfarrstreit, beleuchten. Achten Sie auf das Schlagwort „750 Jahre Schottenpfarre“.

Darüber hinaus war zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten jetzt im Herbst eigentlich ein Themenschwerpunkt im Museum im Schottenstift geplant, bei dem auch die genannten Urkunden zu sehen sein sollten. Leider wurde dieses Unterfangen kurzfristig durch einen Wassereinbruch im Museum verhindert. Zwar wurden glücklicherweise keine Objekte beschädigt, doch muss das Museum wegen Reparaturarbeiten bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Wir halten Sie auf dem Laufenden, wann die Themenschau vielleicht doch noch zu sehen sein wird.

  1. Den besten Überblick zum Thema bieten: Anton Mayer, Das kirchliche Leben und die christliche Caritas (Wohlthätigkeitsanstalten), in: Geschichte der Stadt Wien. Bd. 1: Bis zur Zeit der Landesfürsten aus habsburgischem Hause, hg. vom Alterthumsvereine zu Wien (Wien 1897) 445–480, hier 465f.; Karl Lechner, Die Gründungsgeschichte und die Anfänge der Schottenabtei in Wien, in: 800 Jahre Schottenabtei. Die Anteilnahme der Wiener Katholischen Akademie am Jubiläum der Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau zu den Schotten in Wien im Jahre 1958, hg. von Ferdinand Krones (Religion, Wissenschaft, Kultur. Vierteljahrsschrift der Wiener Katholischen Akademie 11, Wien 1960) 19–38, hier 32–35.