P. Albert Hübl – Bibliothekar, Archivar, Gymnasialdirektor
Archiv des Schottenstifts 2017-06-22
Der Historiker Pater Albert Hübl (1867–1931) zählt zu den bedeutendsten Mönchen des Schottenklosters; seine Leistungen wirken noch heute nach, seine Werke sind nach wie vor in Verwendung. Am 21. Juli dieses Jahres jährt sich sein Geburtstag zum 150. Mal – Anlass für eine Würdigung in Form einer kleinen Sonderpräsentation im Museum im Schottenstift wie auch hier im Blog.
Geboren wurde der junge Karl Hübl am 21. Juli 1867 als Sohn eines Simmeringer Gastwirtes (heute 11. Wiener Gemeindebezirk). Nach dem Besuch des Schottengymnasiums trat er 1885 unter dem Ordensnamen Albert in die Schottenabtei ein und studierte an der Universität Wien zunächst Theologie, danach auch Geschichte und Geographie. 1890 wurde er zum Priester geweiht, ab 1895 unterrichtete er selbst am stiftseigenen Gymnasium.
Neben seiner Lehrtätigkeit wurde Hübl im Kloster mit den Aufgaben des Bibliothekars (1901), des Kustos des Münzkabinetts (1902) sowie des Archivars (1918) betraut. Als solcher verfasste er die immer noch maßgeblichen gedruckten Kataloge der Handschriften, der Inkunabeln und der lateinischen und griechischen Münzen der numismatischen Sammlung des Schottenstifts. 1919 wurde er außerdem zum Direktor des Schottengymnasiums ernannt. Sämtliche Funktionen übte er bis kurz vor seinem Tod am 24. Dezember 1931 aus.
Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen belegen seine langjährigen Forschungen. Hübl war unter anderem Vorstandsmitglied des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Vizepräsident der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft, Obmann der historischen Sektion der Österreichischen Leo-Gesellschaft und Mitglied der Lehrbücherkommission. 1922 wurde er zum Regierungsrat, 1927 zum Hofrat ernannt. Für seine Verdienste erhielt er außerdem das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone.
Das ohne Zweifel am weitesten verbreitete Werk Albert Hübls ist sein 1899 erschienener Catalogus codicum manu scriptorum qui in Bibliotheca Monasterii B.M.V. ad Scotos Vindobonae servantur, sein Katalog der Handschriftensammlung des Schottenstifts, der noch heute von Forschenden auf der ganzen Welt herangezogen wird. Ihm verdanken alle Codices des Hauses auch ihre sogenannten „Hübl-Signaturen“.
Cod. 26 (Hübl 26), fol. 1r Gregor der Große: Moralia in Iob (15. Jh.) Rechts zum direkten Vergleich der entsprechende Eintrag im Hübl-Katalog.Nach seinem Handschriftenkatalog veröffentlichte Albert Hübl in seiner Funktion als Bibliothekar 1904 den Katalog Die Inkunabeln der Bibliothek des Stiftes Schotten in Wien.
Albert Hübl: Die Inkunabeln der Bibliothek des Stiftes Schotten in Wien (1904).Diese Arbeit war wohl auch ausschlaggebend dafür, dass Hübl 1913 vom k. k. Minister für Kultus und Unterricht, Max Hussarek von Heinlein, in jene Kommission zur Erfassung der österreichischen Inkunabelbestände berufen wurde, welche dem preußischen Projekt des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke zuarbeiten sollte.
Berufung Albert Hübls in die Inkunabelkommission (6. Juli 1913).Im Jahr 1907 erschien Albert Hübls Geschichte des Unterrichtes im Stifte Schotten in Wien, die sich nicht nur mit dem Schottengymnasium, sondern auch mit den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Vorgängerschulen im Kloster beschäftigte.
Albert Hübl: Geschichte des Unterrichtes im Stifte Schotten in Wien (1907).Aus dieser Arbeit schöpfte er auch für seinen allgemeinen Aufsatz Die Schulen, der Teil des 1914 vom Alterthumsverein zu Wien (heute Verein für Geschichte der Stadt Wien) herausgegebenen fünften Bands der Geschichte der Stadt Wien war, welcher sich mit der Zeit vom Ende des Mittelalters bis zum Regierungsantritt Maria Theresias beschäftigte. Im gleichen Jahr erschien im Rahmen einer Sonderpublikation des Schottengymnasiums Hübls Aufsatz Die Wiener Schotten und das Mutterkloster St. Jakob in Regensburg, der nicht nur die irische Periode des Schottenstifts vor 1418 behandelt, sondern auch auf den in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts andauernden Konflikt mit dem einstigen Mutterhaus eingeht.
Ebenfalls 1914 veröffentlichte Albert Hübl seine Baugeschichte des Stiftes Schotten in Wien in den Berichten und Mitteilungen des Alterthumsvereines zu Wien. Seither hat diese für die Hausgeschichte bedeutende Arbeit eine stete Rezeption erfahren. Zu diesem Aufsatz erhielt Hübl auch ein Gratulationsschreiben aus Rumänien vom Bukarester Erzbischof Raymund Netzhammer, dem er zuvor bei einer münzkundlichen Recherche behilflich gewesen war. Die Postkarte datiert vom 22. Juli 1914 – eine Woche später brach der Erste Weltkrieg aus!
Erzbischof Raymund Netzhammer an P. Albert Hübl (22. Juli 1914).1917 erschien Hübls Aufsatz Die Bruderschaften an der Schottenkirche in Wien, zunächst als Sonderdruck, dann 1918 abermals in den Berichten und Mitteilungen des Alterthumsvereines zu Wien, der sich erstmals mit diesem Thema beschäftigte. Es folgte kurz darauf eine Publikation zu den Neujahrsbildern dieser Bruderschaften. Eine wohlwollende Kurzrezension dieses Artikels verfasste der renommierte Kirchenhistoriker Ernst Tomek – ein ehemaliger Schüler Hübls! – 1919 für das Allgemeine Literaturblatt.
Ernst Tomek: Kurzrezension zu Die Bruderschaften (1919).Abseits der Wissenschaften prägte Albert Hübl sein Umfeld aber auch als Lehrer und Gymnasialdirektor. Eindrücklich belegt dies ein aus Steenokkerzeel in Belgien gesandter Brief der einstigen österreichischen Kaiserin Zita von Bourbon-Parma vom 2. März 1931, mit welchem diese Hübl für seine Mitwirkung an der Reifeprüfungskommission für den jungen Otto von Habsburg dankte. Dieser hatte im Jahr 1929 im Exil weilend die Matura gemäß den bis 1918 gültigen Regeln sowohl der österreichischen wie auch der ungarischen Reichshälfte abgelegt. Ottos Vater Karl I., der letzte Kaiser von Österreich, war Jahrzehnte zuvor Schüler Hübls am Schottengymnasium gewesen.
Dankesschreiben der Kaiserin Zita (2. März 1931).Am 24. Dezember 1931 verstarb Albert Hübl nach längerer Krankheit.
Partezettel für P. Albert Hübl (1931).Als eine von mehreren Zeitungen berichtete auch das Neue Wiener Journal am 29. Dezember 1931 vom Begräbnis Hübls am Vortag. Unter den genannten Anwesenden stechen vor allem der österreichische Bundespräsident Wilhelm Miklas, der österreichische Bundeskanzler Karl Buresch und der Wiener Erzbischof Friedrich Gustav Kardinal Piffl hervor.
Neues Wiener Journal: Bericht über das Begräbnis Albert Hübls (29. Dezember 1931).Im Stiftsarchiv zeugen zahlreiche Kondolenzschreiben hochrangiger Politiker und anderer Personen des öffentlichen Lebens von der hohen Wertschätzung gegenüber Albert Hübl. So bekundeten etwa sowohl Bundespräsident Miklas (handschriftlich!) als auch Bundeskanzler Buresch dem Abt-Koadjutor Hermann Peichl am 28. Dezember 1931 ihr Beileid zum Tod Hübls.
Kondolenzschreiben von Bundespräsident Wilhelm Miklas an Abt-Koadjutor Hermann Peichl (28. Dezember 1931).Kondolenzschreiben von Bundeskanzler Karl Buresch an Abt-Koadjutor Hermann Peichl (28. Dezember 1931).Abschließend hier noch ein Porträt P. Albert Hübls: Diese undatierte Photographie zeigt ihn in seiner Funktion als Gymnasialdirektor in der Direktionskanzlei des Schottengymnasiums. Der abgebildete Schreibtisch ist heute noch im Stiftsarchiv in Verwendung.
P. Albert Hübl (ca. 1920er-Jahre)Die Sonderpräsentation „P. Albert Hübl – Bibliothekar, Archivar, Gymnasialdirektor“ kann von Juni bis Ende September 2017 im Museum im Schottenstift besichtigt werden. Der Zugang erfolgt über den Klosterladen (Freyung 6, 1010 Wien).
Dieser Beitrag erscheint zugleich auch anlässlich des Internationalen Tags der Archive 2017.