Die jüngste erhaltene Originalurkunde Kaiser Friedrichs II.

Archiv des Schottenstifts 2020-12-13

Vor 770 Jahren, am 13. Dezember 1250, verstarb Kaiser Friedrich II. im Alter von 55 Jahren im apulischen Castel Fiorentino an einer ruhrartigen Krankheit. Vermutlich nur wenige Tage zuvor hatte er eine Urkunde ausgestellt, deren (Wieder-)Auffindung im Schottenstift vor neun Jahren für einiges Aufsehen sorgte.

Friedrich ermächtige mit der Urkunde den Markgrafen Uberto Pallavicini, all jenen aus Piacenza und seinem eigenen Gebiet, die sich der kaiserlichen Gnade unterwerfen, Sicherheit und die Rücknahme aller Verurteilungen zu gewähren. Das Stück, dessen äußere Form recht schlicht ist und der einfachen Ausfertigung der staufischen Diplome entspricht, wurde im November 1250 in Foggia, etwa 30 Kilometer von Castel Fiorentino entfernt, ausgestellt und ist damit die jüngste bekannte im Original erhaltene Urkunde des nur wenig später verstorbenen Stauferkaisers.

Urk 1250-11Urk 1250-11

Uberto Pallavicini, dessen Familie ihre größten Besitzungen im Gebiet zwischen Cremona, Piacenza und Parma hatte, war ein bedeutender Heerführer und hatte verschiedene politische Funktionen inne. 1249 wurde er von Kaiser Friedrich II. mit dem Generalvikariat vom Fluss Lambro abwärts betraut, das die meisten Teile der östlichen Lombardei umfasste. Im August 1250 konnte er einen wichtigen militärischen Sieg über die Stadt Parma, die anti-kaiserlich eingestellt war (Guelfen), erringen.

In Piacenza – bis dahin ebenfalls eine guelfische Kommune – vollzog sich nach innerstädtischen Konflikten zwischen den regierenden Adelsfamilien auf der einen und den Kaufleuten und Handwerkern auf der anderen Seite ab dem Sommer 1250 eine Hinwendung zum kaiserlichen Lager (Ghibellinen). In dieser Situation stellte Kaiser Friedrich II. im November 1250 seine Urkunde für Uberto Pallavicini aus: es galt, die allenfalls unentschlossenen Piacentiner dauerhaft ins Boot zu holen. Zwar verstarb der Kaiser bereits kurz darauf, trotzdem gelang es Uberto im März 1251, ein Bündnis mit Piacenza zu initiieren.

Bei der Ende 2011 wiederaufgefundenen Urkunde handelt es sich um ein Stück, das 1889 in Paris versteigert wurde und dessen Verbleib danach über 120 Jahre lang unbekannt war. Wie und wann die Pergamenturkunde ins Schottenstift gelangte, ist unklar und wird wohl auch nicht zu eruieren sein. 2012 wurde sie mit der Signatur Urk 1250-11 in die chronologische Urkundenreihe des Schottenstifts aufgenommen. Dass sie auch schon in früheren Zeiten in ihrer Bedeutung etwas unterschätzt worden sein dürfte, mag der neuzeitliche italienische Rückvermerk belegen: Als Aussteller wird ein Francesco imperatore (statt Frederico) genannt!

2012 erschien auch eine kurze Miszelle zur Urkunde und ihren Begleitumständen: Maximilian Alexander Trofaier, Eine wiederaufgefundene Urkunde Friedrichs II. für Uberto Pallavicini vom November 1250, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 120 (2012) 391–396.

 

Eine ursprüngliche Fassung dieses Artikels erschien am 19. März 2012 auf der Website des Schottenstifts, Teile davon unter anderem am 13. Dezember 2013 auf der Facebook-Seite des Archivs.