Anmerkungen zum Wappen von Abt Nikolaus Poch

Archiv des Schottenstifts 2021-09-25

Nach wie vor ist es Usus, dass ein neugewählter Abt eines Klosters ein eigenes Wappen annimmt. Zwar dürfen Personenwappen in Österreich heutzutage nicht mehr geführt werden, geistliche Wappen werden jedoch von staatlicher Seite allesamt als Amtswappen angesehen. Mussten diese zu Zeiten der Habsburgermonarchie noch der Hofkanzlei bzw. dem Innenministerium zur Genehmigung vorgelegt werden, so ist in der Republik Österreich keine Verleihung mehr vorgesehen. Die Annahme eines Abtwappens erfolgt somit schlicht durch seine Veröffentlichung – entweder im Rahmen einer förmlichen Präsentation oder einfach durch seine Verwendung.1

Im Schottenkloster wiesen die Siegel der Äbte ab dem 13. Jahrhundert kleine Wappenschildchen mit unterschiedlichen Darstellungen auf, die wohl als persönliche Wappen anzusehen sind. Das Wappen des Klosters, wie wir es heute kennen, entwickelte sich hingegen erst ab dem Jahr 1464. Die Verbindung von Stiftswappen und Wappen eines einzelnen Abtes – sei es als Allianzwappen, sei es als zusammengesetztes Wappen – ist erstmals bei Abt Johann Schretel (1562–1583) in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts belegt.2 In den letzten Jahrzehnten war die Vorgehensweise bei der Entwicklung eines neuen Abtwappens im Schottenstift unterschiedlich. Der Entwurf zum Wappen von Abt Bonifaz Sellinger (1966–1988) stammte vom Heraldiker und Universitätsarchivar Franz Gall, das Wappen von Abt Heinrich Ferenczy (1988–2006) wurde vom in den klösterlichen Sammlungen mitwirkenden Gymnasiallehrer Gerhard Schlass gezeichnet, jenes von Abt Johannes Jung (2009–2021) vom italienischen Heraldiker Marco Foppoli konzipiert.3

Abt Nikolaus Poch wurden nach seiner Wahl am 25. Jänner 2021 vom Stiftsarchiv mehrere Vorschläge für sein äbtliches Wappen unterbreitet. In der Folge wurden Stiftsarchivar Maximilian Alexander Trofaier, dem Autor dieser Zeilen, sowohl die inhaltliche Gestaltung als auch die graphische Umsetzung des Wappens aufgetragen. Die Präsentation des neuen Wappens erfolgte bei der Abtbenediktion am 25. September 2021. Im Folgenden soll auf einige Aspekte der Wappengestaltung näher eingegangen werden.

Wappen von Abt Nikolaus Poch

Blasonierung

Das Wappen Abt Nikolaus Pochs lässt sich wie folgt blasonieren:

Gespalten: Vorn in Blau auf einem grünen Dreiberg ein goldener einwärts gewendeter Krummstab mit silbernem Pannisellus, querrechts belegt mit einem roten Beutelbuch (Schottenstift). Hinten geteilt: Oben in Grün eine rot umsäumte schwarze Radscheibe mit golden umsäumter roter Nabe und sechs goldenen Speichen, jene drei von der Nabe nach oben und nach schiefunten zum Radkranz gespitzt, die drei übrigen gegengewendet (Radschema des Niklaus von Flüe); unten in Gold zwei schräg gekreuzte schwarze Schlüssel mit dem Bart nach oben und außen (Dornbach).

Über dem Schild rechts die Mitra; hinter dem Schild der goldene schräglinke, einwärts gewendete Krummstab mit silbernem Pannisellus. Unter dem Schild auf einem silbernen Band die Devise „Gloria Dei vivens homo“.

Wappengestaltung

Der Tradition der Abtwappen im Schottenstift entsprechend erscheint auch bei Abt Nikolaus im gespaltenen Wappenschild vorn (heraldisch rechts) das Stiftswappen mit einwärts gewendetem Krummstab, Pannisellus und Beutelbuch. Kurzzeitig alternativ diskutiert und entworfen, letztlich aber abgelehnt wurde eine Schrägrechtsstellung des Pedums, wie sie sich in den Wappen des 16. bis 19. Jahrhunderts meist findet.

Hinten (heraldisch links) ist der Schild geteilt: Oben verweist das Radschema des heiligen Niklaus von Flüe auf den Namenspatron des Wappenführers. Bei diesem Radschema dürfte es sich um eine vereinfachte Darstellung bzw. eine abweichende Interpretation des deutlich komplizierteren Meditationsbildes des Bruders Klaus, das auch als Sachsler Meditationstuch bekannt ist, handeln.4 Bei der Farbgestaltung des eigentlich farblosen Radschemas im Wappen wird daher jene des Meditationsbildes rezipiert. Eine zusätzliche Dimension, die zunächst gar nicht vorgesehen war, erhält die Figur aber auch durch ein Motiv, welches Abt Johannes Perkmann von Michaelbeuern, Abtpräses der Österreichischen Benediktinerkongregation, Abt Nikolaus im Rahmen der Predigt zu dessen Amtseinführung am 22. März 2021 mit auf den Weg gab: das Bild des Abtes als Nabe eines Rades, welche die einzelnen Speichen der Konventgemeinschaft in der Mitte zusammenhalten müsse.

Links unten verweist das Wappen von Dornbach mit zwei gekreuzten Schlüsseln auf die für Abt Nikolaus persönlich wichtige Herkunftspfarre, in der er in jungen Jahren seine kirchliche Prägung erfuhr. Das Dornbacher Wappen entspricht jenem des Benediktinerstifts St. Peter in Salzburg, welches Pfarrpatron und ehemaliger Grundherr des einstigen Wiener Vororts Dornbach war. In der Wiener Gemeindeheraldik sind die beiden Schlüssel in der seit der Erstpublikation inzwischen geänderten Fassung des Hernalser Bezirkswappens allerdings nicht schwarz, sondern braun.5 Die mögliche Problematik der Verwendung eines mit einem anderen österreichischen Kloster verbundenen Wappenbildes wurde zwar diskutiert, weshalb auch alternative Darstellungen mit verwechselten Farben oder abgewandelten gemeinen Figuren entworfen wurden, letztlich entschied sich Abt Nikolaus jedoch für die traditionellen schwarzen Schlüssel in goldenem Feld. Zum einen sind die gekreuzten Schlüssel ein in unterschiedlichsten Varianten häufig anzutreffendes Wappenbild, das wohl kaum Exklusivität beanspruchen kann, zum anderen lassen Position und Größe dieses Feldes in Relation zum rechten Feld, in welchem das Stiftswappen zu finden ist, ohnedies keinen Zweifel daran, welchem Kloster der Wappenträger vorsteht.

Als Rangzeichen im Oberwappen ist bei persönlichen Wappen kirchlicher Würdenträger grundsätzlich der Hut (Galero) mit Schnüren und Quasten (Fiocchi) vorgesehen. Infulierte Äbte führen an ihrem schwarzen Hut drei Quastenreihen, außerdem steht hinter dem Schild der Krummstab mit Pannisellus. Die Mitra ist demgegenüber inzwischen eigentlich dem Wappen der Abtei vorbehalten. Allerdings ist es im Schottenstift auch in den letzten Jahrzehnten bei Abtwappen weiterhin üblich gewesen, die Mitra anstelle des Huts zu verwenden, was Abt Nikolaus explizit beibehalten wollte. Zudem sollte der Brauch, die Mitra nicht mittig, sondern auf den oberen rechten Rand des Schilds zu setzen, fortgeführt werden.

Als Devise wählte Abt Nikolaus jenen Satz des Irenäus von Lyon, welchen er bereits seiner Tätigkeit als Pfarrmoderator in St. Ulrich vorangestellt hatte: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch“ (Adversus haereses 4,20,7). Diese Devise scheint im Wappen unterhalb des Schilds in einem Spruchband in lateinischer Sprache auf: „Gloria Dei vivens homo“.

Graphische Umsetzung

Bei der Wappengestaltung geht es primär um die Entwicklung eines Konzepts, das den Regeln der Heraldik entspricht und mittels der normierten heraldischen Fachsprache beschrieben werden kann. Die graphische Umsetzung ist demgegenüber sekundär und kann, solange sie sich nach der korrekten Blasonierung richtet, jeweils ganz unterschiedlich ausfallen. Trotzdem ist es für die Präsentation und weitere Verwendung in der Praxis erforderlich, einen Urtyp graphisch zu gestalten. Auch hierzu wurden einige allgemeine und spezielle Überlegungen angestellt.

So wählte Abt Nikolaus etwa als Schildform für den Wappenschild bewusst die klassische halbrunde spanische Form. Im Stiftswappen ist das Pedum möglichst schlicht gehalten und weist eine einem wirklichen Hirtenstab entsprechende Krümmenform auf. Der Pannisellus hängt nicht schlaff vom Krummstab herab, sondern weht wirklich im Wind, was auch – zumindest in seiner Intention, wenn schon nicht in seiner Ausrichtung – dem seit etwas mehr als 20 Jahren gebräuchlichen Stiftslogo entspricht. Das Beutelbuch soll einerseits als solches wirklich erkennbar sein, ist aber andererseits den heraldischen Regeln entsprechend stärker als in manch bisherigen Stiftswappen stilisiert und nicht dreidimensional mit Spangen ausgeführt; anstelle eines am Buchdeckel häufig anzutreffenden Kreuzes weist es einen kreuzförmigen Mittelbeschlag sowie vier runde Eckbuckel auf. Für den Dreiberg entschied sich Abt Nikolaus anhand einiger unterschiedlicher Entwürfe für eine einfache schrägovale Ausführung. Entgegen der in der Erzabtei St. Peter üblichen Darstellung der gekreuzten Schlüssel mit gotischen Vierpassreiten sind die Ringe jeweils als Dreipass ausgeführt, die Bärte weisen eine einfache kreuzförmige Aussparung auf. Im Oberwappen ist die Mitra in einer sehr reduzierten Form ohne spezielle Ornamentik oder aufgesticktes Kreuz, aber immer noch mit goldenem Circulus und Titulus gezeichnet. Die Form des Pedums entspricht ganz der bereits im Wappenschild verwendeten einfachen Form. Die Infuln der Mitra und der Pannisellus des Pedums bilden optische Gegengewichte.

Das neue Wappen wird in Zukunft wohl vorrangig auf dem Briefpapier und anderen Drucksorten des Wappenträgers sowie auf seinem Siegel Verwendung finden.6 Doch wer weiß schon, welche Vorhaben Abt Nikolaus in seiner Amtszeit verwirklichen wird – und wo sich die Gelegenheit bieten wird, sein Wappen anzubringen?

  1. Vgl. Franz Gall, Österreichische Wappenkunde. Handbuch der Wappenwissenschaft (Wien–Köln–Weimar 31996) 19f. – Zur kirchlichen Heraldik ist das Standardwerk Bruno Bernhard Heim, Heraldry in the Catholic Church. Its Origin, Customs and Laws (Buckinghamshire 21981); in deutscher Sprache zuletzt auch Simon Petrus, Heraldisches Handbuch der katholischen Kirche (Regenstauf 2016).
  2. Vgl. Aleš Zelenka–Walter Sauer, Die Wappen der Wiener Schottenäbte (Wien 1971).
  3. Heinrich Ferenczy, Vom Stifts-Wappen zum Schul-Logo … Teil V: Äbtewappen, in: Schottillion Nr. 6 (2003) 11, auch online unter https://www.schotten.wien/schottillion/6.pdf; Georg Kugler, „Insignia Convent. B.M.V. ad Scotos Viennae“. Wappen in der Schottenkirche (1): Stiftswappen und Äbtewappen (Kunst in der Schottenkirche 14), in: Schottenpfarrblatt Nr. 29 (2009) 3, auch online unter https://www.schotten.wien/pfarrblatt/Pfarrblatt_Nr29.pdf.
  4. Vgl. Werner T. Huber, Das Sachsler Meditationstuch. Speculum Humanæ Salvationis – Ein Spiegel des christlichen Lebens (1981–2021), https://www.nvf.ch/rad1.asp.
  5. Vgl. Art. Hernals (Bezirkswappen) (zuletzt geändert 18.9.2020), in: Wien Geschichte Wiki, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hernals_(Bezirkswappen).
  6. Für letzteres wurde, um einen klareren Abdruck des Siegelstempels zu ermöglichen, lediglich auf den Wappenschild zurückgegriffen, Oberwappen und Devise wurden hingegen weggelassen. Zusätzlich erhielt der obere Rand des Schilds eine leichte Wölbung, um sich besser in die runde Form des Siegels einzupassen.