Booking! Bibliophile Städtetrips

Archiv des Schottenstifts 2022-09-07

Schnell einmal mit dem Zug nach Venedig, Prag oder Budapest fahren, ein romantisches Wochenende in Paris verbringen, kurz dem süßen Leben in Rom frönen, ganz modern nach Kopenhagen jetten oder doch nur auf eine Nacht nach Graz oder Laibach düsen – egal ob große europäische Metropole oder einfach nur kleine benachbarte Hauptstadt: Fremde Städte waren immer schon Sehnsuchtsorte. Sind es heute Pandemie und Flugscham, die uns an Kurzurlauben dorthin hindern, so konnten sich Menschen früherer Generationen meist ausschließlich mit den Augen zu solchen Städtetrips aufmachen. Als Reisegefährt dienten ihnen dabei oftmals auch spezielle Bücher, welche sie mit detailreichen Stadtansichten im Kopf an die gewünschte Destination brachten. Was heute der handliche Reiseführer und der prachtvolle Fotoband sind, waren einstmals bebilderte Landesbeschreibungen, umfangreiche Topografien und abenteuerliche Reiseberichte.

Das Museum im Schottenstift lädt dazu ein, sich anhand einer kleinen Themenschau zu einer Rundreise zu den Städten Europas aufzumachen, an deren Ende der älteste aller jüdisch-christlichen Sehnsuchtsorte, Jerusalem, steht!

Die nach dem Herausgeber Hartmann Schedel sogenannte Schedelsche Weltchronik erschien 1493 in einer lateinischen und einer deutschen Fassung. Die darin enthaltenen Holzschnitte, darunter auch zahlreiche mehr oder weniger authentische Stadtpanoramen, stammen aus der Nürnberger Werkstatt von Michael Wolgemut, dem Lehrer Albrecht Dürers, und Wilhelm Pleydenwurff. Der hier gezeigten Ansicht von Venedig diente ein etwas älterer Holzschnitt von Erhard Reuwich aus 1486 als Vorlage.

Ansicht von Venedig. In: Hartmann Schedel: Liber chronicarum (Nürnberg, 1493).Ink. 84 (Hübl 416), fol. 43v/44r. – Ansicht von Venedig. In: Hartmann Schedel: Liber chronicarum (koloriert) (Nürnberg, 1493).

Das vom Kölner Theologen Georg Braun und vom flämischen Kupferstecher Franz Hogenberg von 1572 bis 1618 in sechs Bänden herausgegebene Stadtansichtenbuch Civitates Orbis Terrarum war an den erstmals 1570 gedruckten Weltatlas Theatrum Orbis Terrarum des Kartografen Abraham Ortelius angelehnt. Es enthält Ansichten von Städten nicht nur in Europa und Asien, sondern auch in Afrika und sogar Amerika. Diese Doppelansicht Kopenhagens von Land und von See her verdeutlicht die Stellung der dänischen Hauptstadt als Handelsmetropole. 

Doppelansicht von Kopenhagen. In: Georg Braun & Franz Hogenberg: Civitates Orbis Terrarum 4 (Köln, 1590).StiB 99.a.29, Nr. 28. – Doppelansicht von Kopenhagen. In: Georg Braun & Franz Hogenberg: Civitates Orbis Terrarum. Band 4 (deutschsprachige Ausgabe, koloriert) (Köln, 1590).

Nach dem Tod Hogenbergs 1590 besorgte Braun alleine die Fertigstellung der letzten beiden Bände. Noch fehlende Ansichten wurden von anderen Kupferstechern ergänzt. Diese Ansicht von Buda und Pest entstand nach einer Vorlage des flämischen Buchmalers Georg Hoefnagel, unklar ist jedoch, wer der Stecher war. Die zahlreich dargestellten Moscheen und Minarette, allen voran die zur Moschee umfunktionierte Matthiaskirche am Budaer Burgberg in der Bildmitte, verdeutlichen, dass Ungarn zu dieser Zeit noch von den Osmanen beherrscht wurde.

Ansicht von Buda und Pest. In: Georg Braun & Franz Hogenberg: Civitates Orbis Terrarum 6 (Köln, 1617).StiB 99.a.28, Nr. 30. – Ansicht von Buda und Pest. In: Georg Braun & Franz Hogenberg: Civitates Orbis Terrarum. Band 6 (Köln, 1617).

Der aus Basel stammende Matthäus Merian gilt als einer der bedeutendsten Kupferstecher und Verleger des 17. Jahrhunderts. Die vorliegende Ansicht von Prag stammt aus seiner Topografie von Böhmen, Mähren und Schlesien. Diese ist Teil seiner Topographia Germaniae, welche zunächst von 1642 bis 1654 in 16 Bänden erschien und deren Texte Martin Zeiller aus Ulm beisteuerte. Während andere Prag-Darstellungen meist die Moldau mit der Karlsbrücke ins Zentrum rücken, blickt Merian hier von Osten her über die Prager Neustadt und Altstadt; Hradschin und Kleinseite stehen im Hintergrund.

Ansicht von Prag. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae (Frankfurt, 1650).StiB 99.c.3, nach S. 56. – Ansicht von Prag. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae (Frankfurt, 1650).

Nach dem Tod Merians 1650 vollendete sein regelmäßiger Kollaborateur Zeiller die mehrbändige Topografie Frankreichs, die von Matthäus’ Sohn Caspar Merian herausgegeben wurde. Der in der Topografie verwendete Vogelschauplan von Paris stellt eine überarbeitete Fassung eines bereits 1615 von Matthäus Merian geschaffenen Plans dar, welcher aufgrund seiner Genauigkeit als Grundlage vieler nachfolgender Paris-Pläne diente.

Vogelschauplan von Paris. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Galliae 1 (Frankfurt, 1655).StiB 99.b.37, nach S. 34. – Vogelschauplan von Paris. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Galliae. Band 1 (Frankfurt, 1655).

Seinen Vogelschauplan von Rom schuf Matthäus Merian bereits um 1640. Nach seinem Tod stellte der Textverfasser Zeiller 1688 auch die gemeinsam konzipierte Topografie Italiens fertig, welcher der vorhandene Plan Merians beigegeben wurde. Die Bedeutung dieser Ansicht liegt nicht zuletzt in der Abbildung einer markanten städtebaulichen Entwicklungsphase Roms: Die ewige Stadt hat bereits ihre Renaissance-Umgestaltung erfahren, die umfangreichen barocken Baumaßnahmen, die das Stadtbild bis heute prägen, sind aber größtenteils noch nicht umgesetzt.

Vogelschauplan von Rom. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Italiae (Frankfurt, 1688).StiB 99.b.21, S. 94/95. – Vogelschauplan von Rom. In: Martin Zeiller & Matthäus Merian: Topographia Italiae (Frankfurt, 1688).

Die topografischen Kupferstiche des Tiroler Kartografen und Priesters Georg Matthäus Vischer sind oftmals die ältesten erhaltenen Abbildungen von Städten, Burgen, Schlössern und Klöstern in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark. Vischer bereiste dafür selbst die Länder und nutzte die damals modernsten Vermessungsgeräte.

Ansicht von Graz. In: Georg Matthäus Vischer: Topographia Ducatus Stiriae (Graz, 1681).StiB 32.e.3, Nr. 104. – Ansicht von Graz. In: Georg Matthäus Vischer: Topographia Ducatus Stiriae (Graz, 1681).

Der Krainer Adelige und Universalgelehrte Johann Weichard Valvasor publizierte mehrere heute noch bedeutende Beschreibungen der habsburgischen Herzogtümer Krain, Kärnten und Steiermark. Die Kupferstiche in seinen Bildtopografien entstanden nach eigenen Zeichnungen. Der Schöpfer dieses Stichs der heutigen slowenischen Hauptstadt Ljubljana ist nicht bekannt.

Ansicht von Laibach. In: Johann Weichard Valvasor: Topographia Ducatus Carniolae modernae (Wagensperg, 1679).StiB 32.e.2, Nr. 127. – Ansicht von Laibach. In: Johann Weichard Valvasor: Topographia Ducatus Carniolae modernae (Wagensperg, 1679).

Der schwäbische evangelische Pfarrer und spätere Koranübersetzer Salomon Schweigger besuchte Jerusalem im Jahr 1581. Seine Ansicht der Stadt wird zwar dominiert vom Felsendom, welcher jedoch nicht explizit beschriftet ist. Die Grabeskirche in der Bildmitte ist hingegen mit einem Kreuz gekennzeichnet. Bei der vorliegenden Handschrift handelt es sich um die Manuskriptfassung von Schweiggers 1608 im Druck erschienener Beschreibung seiner Reisen nach Istanbul und Jerusalem. Seine eigenhändigen kolorierten Federzeichnungen wurden später im Druck als Holzschnitte umgesetzt.

Ansicht von Jerusalem. In: Salomon Schweigger: Constantinopolische und Jerusalemische Raisbeschreibungen (1592).Cod. 647 (Hübl 442), fol. 244. – Ansicht von Jerusalem. In: Salomon Schweigger: Constantinopolische und Jerusalemische Raisbeschreibungen (1592).

Die Themenschau „Booking! Bibliophile Städtetrips“ kann von 8. September 2022 bis 11. Februar 2023 im Museum im Schottenstift besichtigt werden. Der Zugang erfolgt über den Klosterladen (Freyung 6, 1010 Wien).